Projektsteckbrief
Vorhaben ARD-AI
Autonome drohnenbasierte Detektion von Rehkitzen und Bodenbrütern mittels „erklärbarer künstlicher Intelligenz“.
FuE-Projekt
Kategorie
3
Partner
≈ 720 Tsd. €
Budget
Mai 2025 – Apr 2028
Laufzeit
Das Team

Dr. Martin Israel
thermal DROHNES GmbH
Geschäftsführer

Prof. Dr. Stefan Simm
Universitätsmedizin Greifswald
Institut für Bioinformatik/Bioanalytik
(zusätzlich: Hochschule Coburg)

Thomas Beil
Greifswalder Agrar Initiative e.V.
Geschäftsführer
Hintergrund
Jedes Jahr sterben allein in Deutschland weit über 500.000 Wildtiere (vor allem Rehkitze, Hasen und Bodenbrüter) bei der Frühjahrsmahd. Sie werden in den Wiesen zu der Zeit geboren, zu der die Grünlandmahd zur Futtergewinnung stattfindet. Die Rehkitze sind in den ersten drei Wochen noch fluchtunfähig. Deshalb sind sie gut getarnt, geruchlos und verharren bei Gefahr reglos am Boden. Gegen natürliche Fressfeinde ist dieses Verhalten ein guter Schutz, gegen die Mähmaschinen leider nicht. Aus Sicht des Artenschutzes ist insbesondere der Verlust von Bodenbrütern dramatisch, da deren Populationen besonders stark rückläufig sind. Die Zerstörung von Nestern und der Verlust von Jungtieren bei der Mahd und Feldbearbeitung sind ein wesentlicher Grund für diesen Rückgang.
Mittlerweile werden häufig Wärmebilddrohnen eingesetzt, um v.a. Rehkitze vor der Mahd zu finden und in Sicherheit zu bringen. Die benötigte Technik ist mit hohen Investitionskosten und einem enormen Personalaufwand verbunden. Gleichzeitig ist das Einsatzzeitfenster stark begrenzt, da die Tiere nur früh morgens – bevor die Sonne die Wiesen aufheizt – mit der bestehenden Technik gefunden werden können. Entsprechend begrenzt ist die Flächenleistung.
Was soll erreicht werden?
Das angestrebte Fernziel ist eine vollständig in den Mähprozess eingebettete drohnenbasierte KI-Lösung, die autonom kurz vor der Mahd vom Traktor aus startet, die Fläche abscannt und die Bilder während dem Flug automatisch an eine Cloud-basierte KI überträgt, welche die Bilder analysiert und darauf die Wildtiere detektiert, klassifiziert und unter einen Meter genau verortet und anschließend die GPS-Positionen der Fundstellen automatisch für den Landwirt und das Traktorterminal zur Darstellung und weiteren Interaktion verfügbar macht, damit während der Mahd Maßnahmen zum Wildtierschutz (zum Beispiel Ausheben des Mähwerks oder heraustragen des Wildtiers) unternommen werden können. Im Rahmen dieses Verbundvorhabens soll allerdings noch nicht der vollständige integrierte Prozess in die Landmaschine abgedeckt werden, sondern die nötige Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass solch ein System funktionieren kann. Das größte Hindernis auf dem Weg zu solch einem System ist, dass die Auswertung bisher noch durch eine Person manuell geschieht und dass sich bei der Detektion noch sehr viele Fehlalarme ergeben. Deshalb fokussiert sich dieses Verbundprojekt auf der Verbesserung der Detektion mittels künstlicher Intelligenz und der Automatisierung des Gesamtprozesses. Die Drohne wird aus luftfahrtrechtlichen Gründen noch nicht in den Traktor integriert und auch die Visualisierung wird vorerst auf Smartphones und PCs stattfinden und die Integration für Traktorterminals lediglich vorbereitet. Durch das Cloud-basierte System können auch andere Nutzer wie Naturschützer und Jäger neben dem mähenden Landwirt Maßnahmen ergreifen, um die Wildtiere zu schützen und somit den gesamten Mäh- und Wildrettungsprozess beschleunigen. Durch die Kombination von Farb- und Infrarotbildern und der Nutzung von Bildsequenzen an-statt Einzelbildern kann nicht nur eine Detektion, sondern auch eine genauere Klassifikation von verschiedenen Wildtier-Arten, Bodenbrütern und anderen Strukturen in den Feldern mittels XAI durchgeführt werden. Dies kann voraussichtlich die Anzahl der Fehlalarme auch unter sonnigen und damit besonders schwierigen Umgebungsbedingungen deutlich reduzieren und damit die Flächenleistung um ein Vielfaches erhöhen.
Abbildung: Schematische Darstellung des Fernziels, für welches im Vorhaben Teilaspekte zur Erstellung einesFunktionsmusters bearbeitet werden.
Welche Schritte sind erforderlich?
Um die Ziele von ARD-AI zu erreichen, müssen folgende Schritte durchgeführt werden:
1. Erstellung von Protokollen und Prozess-Workflows zur Vorprozessierung von Datensätzen. Basierend auf diesen werden dann Trainingsdatensätze erstellt für das Training der erklärbaren KI (XAI). Weiterhin müssen diese Protokolle für real-time Prozesse angepasst werden, um eine Prozessierung in Echtzeit zu ermöglichen.
2. Es müssen Trainings-, Validierungs- und Test-Datensätze als Referenzen vorbereitet werden. Diese Datensätze bestehen aus einzelnen Bilddaten und Bildsequenzen von Infrarot und Farbbildern zur Identifizierung von Rehkitzen, verschiedenen Bodenbrüter-Spezies und sonstigen Objekten.
3. Es werden unterschiedliche KI-Architekturen ausprobiert wie Recurrent Neural Networks (RNN), Long Short Term Memory (LSTM) und Convolutional Neural Networks (CNN). Alle diese Architekturen werden gebenchmarkt und es werden erklärbare KI-Komponenten wie Layerwise relevance propaga-tion (LRP), Grad-Cam+ und SHAP angehangen, um die relevanten Informationen der trainierten KI zu identifizieren. Die Extraktion von Eigenschaften zur Unterscheidung der Klassen aus heterogenen Bilddatensätzen und den Einfluss von Störfaktoren wie Sonneneinstrahlung wird dadurch gewährleistet.
4. Es werden Benchmarks der verschiedenen KI-Modelle gegen aktuelle Softwarelösungen auf dem Markt durchgeführt und weiterhin wird eine „early“ und „late“-Integration von verschiedenen Netzen für die heterogenen Datensätze durchgeführt.
5. Durch den Aufbau der Smartphone-App und eines Backends für die Cloudbasierte Lösung soll die Nutzung gewährleistet werden. Hierbei muss die Bearbeitung der neu erstellten Datensätze in Echtzeit und dessen Vorhersage durch die KI getestet werden auf ihre reibungslose Funktionalität.
6. Weiterhin müssen Fragebögen und Tutorials für das Training der Landwirte mit der Smartphone/Cloud Lösung durchgeführt werden.